Tausend Ideen, Interessen, Angebote, Aufgaben – aber was ist nicht nur interessant, sondern auch relevant und wichtig? Und was nur Spinnerei, die leicht zum Ballast wird? Werbung, Erzählungen anderer, Fotos und sonstige Erlebnisse regen unsere Fantasie an. Prinzipiell nichts Schlimmes, im Gegenteil. Aber oft entführt uns unser Unterbewusstsein aus der Realität in eine Scheinwelt. Und manchmal sind wir gar nicht mehr in der Lage zu entscheiden, was wir wirklich wollen und benötigen und was nicht.
Ich hatte vor Kurzem eine Diskussion, bei der es genau darum ging. Eine Arbeitskollegin von mir meinte, sie würde „das“ nicht so können, wie ich „das“ mache. Als ich fragte, was sie mit „das“ meinte, kam heraus, dass sie „bewusstes Einkaufen“ meinte. Sie nannte es aber „dich so einzuschränken“ und „so stur nach Liste“ einzukaufen.
Nun fühle ich mich ja gar nicht eingeschränkt, sondern sogar im Gegenteil befreit. Wir haben dann in der Pause diskutiert und meine Kollegin meinte, sie brauche die Abwechslung und Vielfalt, nur so wäre das Leben interessant. Sie will nicht vorher Einkaufszettel schreiben, sondern sich „inspirieren“ lassen. Sie kauft Klamotten, die sie höchstens zwei- oder dreimal im Leben anzieht, weil „sie mir im Geschäft gefallen“ oder „mir gerade danach war“.
Nun will ich sie nicht kritisieren – jeder wie er will. Aber wie viel bleibt wirklich von der Inspiration übrig, wenn man seine Kaufentscheidungen nach Werbeversprechen und Angeboten ausrichtet?
Mir kommen da immer die Home-Shopping-Sender in den Sinn, die einem vom ultimativen Fitnessgerät über innovative Küchenmaschinen bis hin zum neuartigen Gartenschlauch und dem ultimativen Set, um Einladungen zu gestalten, alles Mögliche mit Inbrunst und Überzeugungskraft offerieren. Aber in Wirklichkeit wird eine Scheinwelt inszeniert und man kauft sich aus einem Impuls heraus Sachen, die man dann doch nicht nutzt. Und so sammelt sich immer mehr Ballast an. Dasselbe gilt übrigens auch für die toll in Szene gesetzten Klamotten und Schuhe in den Schaufenstern … oder auch für die Werbung für Unterhaltungselektronik. Immer ist das Neueste und Beste gerade gut genug für uns. Und die Werber wissen ganz genau, wie sie die Kunden verführen können, die die Läden ohne detaillierte Einkaufsliste betreten.
Sie versetzen unser Unterbewusstsein in Träumerei, es malt sich nur das favorisierte Ergebnis aus, ignoriert aber, dass zum Erreichen Geld, Aufwand und Gelegenheit zusammenkommen müssen. Wir kaufen die Knorr- und Maggi-Würzmischungen ja nicht wegen des Pulvers in der Tüte, sondern wegen des Bildes mit dem schmackhaften Gericht auf der Packung – Serviervorschlag! Das heißt, dass wir nur noch weitere Zutaten einkaufen müssen, die ungefähr fünfzehnmal so viel kosten wie das Tütchen, uns eine Stunde in die Küche stellen müssen – und dann ein Ergebnis bekommen, das keinerlei Ähnlichkeit mit dem Foto auf der Packung hat.
Je schneller man Spinnereien entlarvt und brauchbare, aber vage Ideen vorab ausarbeitet (nichts anderes ist das Schreiben einer detaillierten Einkaufsliste), desto rationaler können Sie sich verhalten und Impuls- und Fehlkäufe vermeiden. Aber ja: Auf manchen wirkt das langweilig, wenig spontan und eingeschränkt. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass diesem Personenkreis die eigene Fantasie fehlt oder sie verunsichert sind, was sie eigentlich wollen und was ihnen wichtig ist?