Gestern habe ich mit Petra diskutiert: Der Geburtstag ihrer Tochter steht an und muss natürlich gefeiert werden. Mittlerweile ist unter den Eltern und Kindern Jugendlichen ein regelrechter Wettkampf ausgebrochen, wer die beste Party organisiert. Petra würde sich am liebsten aus all dem raushalten, aber natürlich will man für den Nachwuchs ja auch nur das Beste.
Wir sind dann ins Grübeln gekommen: Früher gab es zuhause einen Kuchen oder vielleicht zwei, es wurden ein paar Partyspiele gespielt und vielleicht, wenn es hochkam, ist man mit der ganzen Bande zum Minigolf oder ins Kino. Heute gibt es für das Geburtstagskind Gratiseintritt ins Phantasialand … aber für alle anderen Gäste muss man zahlen. Oder man bucht ein komplettes Package im Laserdome. Oder man geht nicht einfach in den Zoo, sondern zahlt für eine Backstage-Tour samt Raubtierfütterung.
Wir sind dann ein wenig abgeschweift und haben festgestellt, dass man eigentlich überhaupt keine Freizeit mehr verbringen kann, ohne entweder auf irgendeinen Konsumzwang zu stoßen oder aber zumindest die perfekte Ausrüstung zu benötigen. Selbst in den Wald geht es nur mit Goretex-Jacke, passendem Schuhwerk und am besten einem Outdoor-Navi, Getränkeflasche und Notruf-Handy. Sie sind über 35? Dann nehmen Sie besser noch Wanderstöcke, aufblasbares Sitzpolster und Verbandskasten mit … man weiß ja nie! Wie sind wir eigentlich früher zurechtgekommen? Petra erwähnte, dass ihre Tochter per Smartphone Varianten von Spielen spielt, die wir früher noch rein mit Stift und Papier gespielt haben (oder gar ganz ohne Hilfsmittel, wie Schere-Stein-Papier). Heute geht es kaum ohne Apps und Internet.
Schauen Sie sich einfach mal um in Ihrer Wohnung: Wie viele Sachen finden Sie, die nur dazu da sind, Sie bei Ihrer Freizeitgestaltung zu unterstützen und abzusichern? In Ihrer Küche zum Beispiel? Im Kinderzimmer? Oder bei den Sachen, die eigentlich nur für den Urlaub gebraucht werden? Brauchen wir das wirklich? Oder sind wir nur noch Opfer der Werbung und haben es verlernt, selbst zu denken, zu handeln und notfalls zu improvisieren? Und macht es nicht viel mehr Spaß, kreativ zu sein und selbst zu entscheiden, als nur „vorgefertigte“ „Abenteuer“ zu erleben? Als Kind hatte ich ein Baumhaus, das aus ein paar Latten und Ästen bestand – heute wäre das undenkbar, viel zu unsicher und auch nicht professionell genug. Zum Glück gibt es heute Kinderspielhäuser als Fertigbausatz bei Amazon, Aldi und Lidl. Samt Rückgaberecht bei Nichtgefallen.
Zurück zu Petras Tochter. Ich habe empfohlen, alle in einen Bunker zu sperren: kein Handy-Empfang, kein Strom, nur Papier, Stifte und Bastelmaterial. Aber Petra meinte nur lachend, ich sei zynisch und keine große Hilfe. Und dann hat sie meinen Kuchen, meinen Espresso und den Prosecco gezahlt…