Ich gestehe: Ich habe mir das neue iPhone SE gegönnt. Mein altes iPhone war mir mittlerweile zu langsam und mit den riesigen Displays der meisten modernen Smartphones kann ich mich nicht anfreunden.
In der vergangenen Woche habe ich ständig die immer gleiche Frage zu hören bekommen:
Brauchst du das wirklich?
Erst war es meine Mutter. Später eine Kollegin. Dann gleich noch eine, die das Gespräch mit der ersten mitbekommen hatte. Und schließlich noch Karla. Irgendwie scheinen alle davon auszugehen, dass ich durch die Dinge-Diät einen grundsätzlich anderen Zugang zu Neuerwerbungen habe. Und in gewisser Weise habe ich den ja auch. Aber das heißt nicht, dass ich mir nicht auch mal was gönne.
Zunächst die ehrliche Antwort: Nein, natürlich brauche ich das Ding nicht wirklich. Im Grunde würde es jedes einfache Handy tun, es müsste nicht mal ein „Smartphone“ sein.
Trotzdem habe ich mir das neueste iPhone gegönnt. Und auch noch gleich zur Markteinführung. Ist das nicht das Gegenteil von „Dinge-Diät“? Ganz ehrlich: Ich glaube nicht. Dinge-Diät bedeutet für mich nicht Verzicht um des Verzichtens Willen. Ich verzichte gerne auf Dinge, die ich wirklich nicht brauche. Auf Sachen, die ich dann eh nicht nutze – unnütze Ausgaben eben.
Und genau das ist hier anders: Das iPhone nutze ich jeden Tag. Es macht mir jeden Tag Spaß, ich habe das Gefühl, dass ich mir damit jeden Tag ein wenig den Alltag erleichtere oder bequemer mache. So, wie sich die Investition in ein bequemes Paar Schuhe lohnt, aber weniger in ein Paar, das zwar spitze aussieht, bei dem man aber die Blasen schon vor dem Anziehen spürt, die man in zwei Stunden haben wird.
Wenn man konsequent auf unnütze Ausgaben verzichtet, dann spart man Geld, mit dem man sich durchaus neue Dinge leisten kann und darf. Auch, wenn die nicht unbedingt notwendig sind, aber die eigene Lebensqualität steigern.
Und ich bin auch bereit, mich von Dingen zu trennen, selbst wenn sie noch nicht komplett abgenutzt oder defekt sind. So bin ich durchaus dafür, das alte Bettzeug mal gegen neues auszustauschen, wenn man dadurch einen erholsameren Schlaf findet. Oder sich neue Klamotten zu leisten – aber eben nur als Ersatz, wenn dafür irgendwas anderes ausgemustert wird. Oder eben ein neues Handy, wenn man das alte nicht einfach „für den Fall des Falles“ in der Schublade verschwinden lässt und das neue mehr Spaß macht. (In diesem Fall habe ich übrigens mein altes iPhone verkauft.)
Ganz schlimm finde ich, wenn sich jemand gar nichts gönnt, weil er (bzw. sie) zu viel besitzt. Ich höre manchmal so Sachen wie: „Ich kaufe mir schon seit zwei Jahren keine neuen Sachen, weil mein Kleiderschrank überquillt.“ Das finde ich traurig, denn meist stellt sich heraus, dass diese Personen in ihrem Inneren unglücklich über die Situation sind. Jeden Tag aufs Neue würden sie gerne etwas anderes anziehen, erlauben es sich aber nicht. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der überwiegende Teil der Sachen im Kleiderschrank einfach nicht passt, nicht bequem, modern oder praktisch ist. Diese Sachen werden trotzdem nicht „aufgetragen“ – und es wäre besser, sich dann davon zu trennen. Auch aus Sicht der eigenen Lebensqualität.
Statt also bei einem Neukauf nur zu fragen „Brauchst du das wirklich?“, sollte man vielleicht eher fragen: „Steigert das deine Lebensqualität wirklich, wenn du es kaufst? Und wie lange?“ Fürs Ausmisten ist das anders. Da ist die Frage sehr berechtigt: „Brauchst du das wirklich (noch)?“