Vor ein paar Tagen meldete sich eine Leserin bei mir, die sich selbst als „hoffnungslosen Fall“ bezeichnete: Sie wolle ja Dinge loswerden und mehr Ordnung in ihr Leben bringen, aber das sei alles so eine riesige Herausforderung, dass sie sich überfordert fühle und immer wieder daran gescheitert sei.
Im weiteren Dialog zeigte sie eine Einstellung, die ich schon oft erlebt habe: Sie war total auf das (scheinbar unerreichbare) Endziel fixiert, eine super-aufgeräumte und geordnete Wohnung zu haben sowie ihr etwas chaotisches Verhalten im Bereich Einkaufen, Impulskäufe und Freizeitgestaltung im Allgemeinen abzustellen, dass sie sich an die Aufgabe gar nicht herantraute. Und wenn sie es doch anging, dann war sie nach kurzer Zeit so frustriert, ihrem Ziel kaum näher zu kommen, dass sie wieder jede Motivation und Hoffnung verlor. Wie gesagt: Mir ist so eine Situation schon oft begegnet, ich kenne sie auch aus meiner eigenen Zeit vor der Dinge-Diät. Und vermutlich erkennt sich auch der eine oder andere wieder.
Der Weg ist das Ziel
Ich habe versucht, ihr klarzumachen, dass bei der Dinge-Diät, aber auch der Task-Diät, nicht irgendein abstraktes Endziel das Maß der Dinge ist, sondern die Verbesserung des Ist-Zustands. Niemand hat etwas davon, wenn er jahrelang leiden muss, nur in der Hoffnung, dass danach alles irgendwie besser wird. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Träume dann verwirklichen, ist eh extrem gering. Aber wenn man jeden Tag ein wenig mehr Lebensqualität für sich erzielen kann, sich also auf den Weg und nicht das Endziel konzentriert, dann gewinnt man jeden Tag, statt jeden Tag das Gefühl zu haben, eine riesige Last schultern zu müssen.
Dinge-Diät und Task-Diät sind für mich Prozesse – vielleicht nie abgeschlossen, aber jeden Tag geeignet, mir mein Leben ein wenig angenehmer, besser, schöner und lebenswerter zu machen. Wenn man diesen Blick auf die Herausforderungen hat, dann ist es auch nicht schlimm, wenn man sich mal dabei ertappt, einen kleinen Rückschlag zu erleiden oder nicht so schnell so weit zu kommen wie erhofft.
Small things matter
Und besonders motivierend ist für mich dabei die 80/20-Regel, auch Pareto-Prinzip genannt. Vilfredo Pareto war ein italienischer Ingenieur, Ökonom und Soziologe. Das nach ihm benannte Prinzip besagt schlicht, dass sehr häufig 80% der Wirkung mit 20% des Gesamtaufwandes erreicht werden.
Das hört sich ziemlich theoretisch an, bedeutet aber, dass man mit wenig Aufwand viel bewirken kann. Deshalb empfehle ich immer, sich erst um die drängendsten, akuten Problemzonen zu kümmern, die jeden Tag immer wieder ein nagendes Ärgernis sind: Da kann man sehr schnell, manchmal schon in einer halben Stunde, eine sichtbare Verbesserung erzielen. Wer aber seine Dinge-Diät mit einem großen Frühjahrsputz beginnen will und dann das ganze Wochenende darauf verwendet, den Speicher auszumisten, ist anschließend komplett erschöpft und sieht dann im Alltag noch immer keine Verbesserung. Da muss man ja die Geduld verlieren.
Daher: Jeden Tag die 80/20-Regel beherzigen, Jeden Tag ein paar Handgriffe machen, um die akuten Problemzonen zu entschärfen. Den Weg zum Ziel machen, jeden Tag für ein wenig mehr Lebensqualität sorgen … und sich jeden Tag an noch so kleinen Fortschritten erfreuen!
Perfektion gibt es nicht, auch wenn wir sie uns manchmal wünschen, aber ein wenig besser geht immer. Und ist es nicht viel befriedigender, jeden Tag einen kleinen Fortschritt zu sehen, als ewig auf den großen Durchbruch warten zu müssen und sich dabei miserabel zu fühlen?