Amazon startet in Deutschland ein neues Angebot für Prime-Kunden, die sich mit Lebensmitteln und Drogerieprodukten beliefern lassen können. Das hat zu einer Diskussion mit meiner Mutter geführt, wer sich vorstellen kann, Lebensmittel online zu bestellen und sich liefern zu lassen.
Meine Mutter meint, sie würde sich nie Lebensmittel liefern lassen, bevor sie sie selbst gesehen hat. Ihre Horrorvorstellung waren gammliges Obst und Gemüse, abgelaufene Haltbarkeit und während des Versands nicht richtig gekühlte/gelagerte Produkte. Außerdem geht sie ja in den Laden, um herauszufinden, was sie außer den paar Sachen auf dem Einkaufszettel noch brauchen und mitnehmen könnte. Und sie kann sich auch nicht vorstellen, heute Lebensmittel zu bestellen und sie erst in zwei oder drei Tagen zu erhalten: „Ich weiß doch nicht, was ich demnächst brauche, sondern was ich jetzt brauche. Das wäre höchstens was für den Vorratsschrank.“ Außerdem findet sie, es sei ökologisch eine Katastrophe, wenn sich jeder beliefern ließe.
Ich hingegen habe schon häufiger Lebensmittel online bestellt und mir liefern lassen. Bei verschiedenen Anbietern. Und eigentlich noch nie schlechte Erfahrungen gemacht. Ja, die Preise sind vielleicht etwas höher als wenn man gezielt auf die Angebote der Discounter achtet, zumal noch Lieferkosten hinzu kommen. Und je nach Anbieter ist das Angebot eingeschränkter als im Supermarkt. Aber wenn ich berücksichtige, wie viel Zeit und Geld ich spare, weil ich nicht selbst los muss, kein Benzin verfahre, nicht blöd rumsuchen muss nach etwas, das dann zufällig gerade aus ist, mich nicht in der Kassenschlange anstellen und über die langsame Kassiererin ärgern muss, dann überwiegen für mich die Vorteile, zumindest, wenn ich wenig Zeit habe.
Sicher habe ich im Vergleich zu meiner Mutter den Vorteil, dass ich nur strikt nach Einkaufsliste kaufe und den Einkauf nicht als Inspirationsquelle, sondern als notwendiges Übel sehe. Über den ökologischen Aspekt habe ich nicht weiter mit ihr diskutiert, aber wenn ich sehe, wie viele Kunden mit dem Pkw zum Supermarkt und zurück für ein paar Brötchen aus der Backbox oder eine Kiste Bier fahren (und das zig Mal pro Woche), dann kann es eigentlich nur besser werden, wenn nur noch ein paar Lieferwagen die Häuser der Kunden abklappern und die bestellten Waren nacheinander in einer Tour abliefern. Studien dazu kenne ich aber nicht.
Von der strikt ablehnenden Haltung meiner Mutter war ich durchaus verblüfft. Ob es eine Generationenfrage ist? Ich dachte, dass solch ein Angebot gerade für Senioren eine echte Erleichterung ist. Die haben auch weniger Probleme, die Lieferung in Empfang zu nehmen, als Leute, die von 9 bis 5 arbeiten. Und schon mir ist das mit dem Schleppen von schweren Sachen wie Getränkeflaschen, Milch und Waschmittel ein echter Graus. Da hatte ich gedacht, meine Mutter sei wesentlich aufgeschlossener für eine solche Option gewesen, zumindest für Teile ihres Einkaufs. Aber sie hatte noch einen anderen Grund, warum sie lieber in den Laden geht: Da trifft sie am Vormittag nämlich immer Bekannte!
Wie halten Sie es? Könnten Sie sich vorstellen, einen Teil Ihrer Lebensmittel und Drogerieartikel online zu bestellen und sich liefern zu lassen? Oder sehen Sie darin eine völlig unnötige Entwicklung?