Auf den ersten Blick hat das zwar nur wenig mit unserer Dinge-Diät zu tun, aber vor zwei Jahren sind wir auf die „Live the Wage Challenge“ gestoßen. Dabei versucht man, eine Woche lang mit dem auszukommen, was einem hart arbeitenden Amerikaner zum Leben übrigbleibt, der den amerikanischen Mindestlohn von 7.25 US-$ bekommt. Könnten Sie das? Nur für eine Woche? Worauf müssten Sie alles verzichten?
Auch in Deutschland gibt es ja immer wieder die Diskussion über Mindestlohn, der in Deutschland derzeit bei 8 € pro Stunde liegt. In den USA sind die Verhältnisse noch prekärer: Nach Steuern und Ausgaben für die Miete bleiben einem US-Amerikaner, der mit dem Mindestlohn auskommen muss, durchschnittlich 77 US-$ pro Woche. Davon müssen alle Mahlzeiten, Einkäufe, Fahrten (Benzin, Reparaturen …) und sonstigen Kosten bestritten werden müssen. Nach aktuellem Umrechnungskurs sind das knapp 70 Euro. Aber selbst, wenn man 80 oder gar 100 Euro als Budget ansetzt, wird das verdammt schwer.
Die ursprüngliche Challenge lief vom 24. bis 30. Juli 2014 und wurde auf Facebook und Twitter von vielen unter dem Hashtag #LivetheWage begleitet. Aber natürlich kann man das Experiment auf eigene Faust jederzeit starten. Einige von uns haben für eine Woche die „Live the Wage Challenge“ angenommen und ich mache sie derzeit einmal im Jahr.
Ich verrate nicht zu viel, wenn ich zugebe, dass es uns allen ungeheuer schwer gefallen ist und wir eigentlich nur durch Mogeln (Vorräte aufbrauchen, Ausgaben um eine Woche verschieben) durchgehalten haben. (Und Karla hat nach drei Tagen aufgegeben, weil sie da tanken musste und eine Tankfüllung mehr kostet als das ganze Wochenbudget.)
Trotzdem kann ich nur jedem raten, die „Live the Wage Challenge“ einmal selbst auszuprobieren. Für uns ist das nur ein Experiment, für viele Menschen der alltägliche Kampf ums Überleben!
Für mich hat die Woche eine Menge neuer Denkanstöße geliefert. Ich weiß jetzt, wie wichtig Sonderangebote und günstige Grundnahrungsmittel für Personen mit geringem Einkommen sind. 60 Euro gehen bei uns schnell mal für zwei drauf, wenn wir zum Italiener gehen. Und apropos „gehen“: Gehen und öffentliche Verkehrsmittel werden auch sehr viel wichtiger, wenn man so wenig Geld zur Verfügung hat.
In der Woche habe ich manchmal im Laden oder vor dem Schaufenster gestanden und ein ziemlich schlechtes Gewissen bekommen: Viele Dinge, die ich mir leiste, die aber dann für mich nur zum Ballast werden, weil ich sie in Wirklichkeit nie brauche, können sich andere Mitbürger gar nicht leisten! Jeder Kauf muss genau überlegt sein, überall muss man versuchen, nur das Notwendigste zu kaufen und dann auch noch das beste Angebot zu finden. Das stresst und die Lebensqualität leidet enorm. Und für mich war klar: In einer Woche ist es vorbei … allein zu spüren, dass man so denkt, ist deprimierend.
Ich sehe jetzt nicht nur die ganze Debatte um Mindestlöhne, Grundeinkommen und soziale Netze mit neuen Augen, sondern habe auch für unsere Dinge-Diät eine Menge gelernt. So vieles, was wir uns „leisten“ und das uns dann irgendwann einengt, kaufen wir, weil wir nicht darüber nachdenken müssen. Es hat also sehr viel mit unserer Dinge-Diät zu tun: Mehr Fokus, mehr verantwortungsvolles Handeln täte jedem gut. Und bei der Challenge kann man das am eigenen Leib erleben. Deshalb kann ich nur jedem empfehlen, einmal einen Selbstversuch zu starten.
Nehmen Sie die Herausforderung an und machen Sie auch für eine Woche die „Live the Wage Challenge„! Weitere Infos und ergänzende Hinweise gibt es in einem PDF zur ursprünglichen Challenge.