Leonie hat mir eine Frage gesandt, die sich die meisten wahrscheinlich selbst schon so oder so ähnlich gestellt haben – zumindest ich habe sie mir früher sehr häufig gestellt, auch und gerade vor Beginn unserer Dinge- und Task-Diät:
Liebe Inge,
bei meiner Dinge-Diät frage ich mich immer wieder: Wie viel ist zu viel? Sind 15 Paar Socken zu viel? 10? 6? Wie viele Getränke sollte ich „als Reserve“ haben? Darf mich mir als Single einen Karton mit 12 Packungen Milch kaufen? Oder ist das schon „Hoarding“?
Wie seid ihr mit dem Problem umgegangen? Hast du eine Formel für mich?
[…]
Nun, eine Formel habe ich nicht, aber die Frage kenne ich gut. Am Anfang habe ich auch immer nach klaren Vorgaben gesucht. Heute glaube ich, dass solche Obergrenzen nur individuell gefunden werden können. Der entscheidende Test, ob etwas zu viel ist, lautet für mich:
- Nervt es mich? Wenn es zu viel Platz braucht, im Weg ist oder immer wieder ein schlechtes Gewissen verursacht, dann ist es zu viel.
- Vergammelt es oder wird gar nicht gebraucht? Alles, was nicht zeitnah verwendet wird, ist eigentlich überflüssig und damit zu viel. Wenn die Milch regelmäßig ans MHD gerät oder gar vergammelt, dann ist der Vorrat ganz sicher zu groß.
- Blockiert es Ressourcen (z.B. Platz oder Geld) für anderes, das wichtiger wäre? Dann ist es unnötig und sogar schädlich (für mich).
- Behindert es mich mental oder kostet es mich wertvolle Zeit, weil es z.B. den Überblick über meine Sachen erschwert, ich ständig drumherum räumen muss oder es ungute Gefühle in mir weckt? Dann sollte ich mich davon trennen.
Insgesamt geht es um die Frage, ob etwas mein Leben erleichtert und bereichert oder ob es mein Leben verkompliziert und belastet. Oder anders ausgedrückt: Es geht ums Wohlfühlen! Deswegen sind (für mich) auch fünf Paar Strümpfe zu wenig (da müsste ich ständig waschen und genau planen), aber 25 Paar definitiv zu viel (da muss ich mich ständig gegen 24 entscheiden, Ordnung und Überblick behalten ist schwierig, ich habe gefühlt unnötig Geld ausgegeben usw.). Mein Mann käme hingegen wohl auch mit vier Paar aus – zumindest, solange ich die Wäsche mache.
So muss man sich bei allem an das eigene „Wohlfühl-Gewicht“ (oder vielleicht: „Wohlfühl-Menge“) herantasten – wie bei einer Diät. Ich habe festgestellt, dass bei mir dieses Level im Laufe der Zeit immer niedriger geworden ist: Am Anfang fand ich es beispielsweise schwierig, überhaupt auf irgendwelches Geschirr zu verzichten. Damals hatten wir wohl allein 30 Kaffeebecher, und jeder schien unentbehrlich oder doch zumindest liebenswert. Jetzt haben wir noch sechs, davon zwei exklusiv für Gäste. Und ich käme mittlerweile mit noch weniger aus.
Und genau deshalb halte ich auch nichts von harten Vorgaben oder von striktem Minimalismus. Denn wo ist die Untergrenze? Brauche ich überhaupt einen Kaffeebecher? Sicher nicht. Ich könnte meinen Kaffee auch aus einem Glas trinken. Oder aus dem Zahnputzbecher. Aber irgendwann ist dann der Level unterschritten, bei dem ich mich noch wohlfühle. Dann geht es nicht mehr um ein „besseres“ Leben, sondern nur noch ums Prinzip.
Also: Reduzieren, was blockiert, behindert, nervt oder schlicht überflüssig ist. Immer darauf achten, dass man sich noch wohl dabei fühlt. Und nach ein paar Wochen oder Monaten erneut überlegen, ob eventuell auf noch mehr verzichtet werden kann, ohne auf Lebensqualität zu verzichten.