Ist Ihre To-Do-Liste mal wieder länger als der Kassenzettel vom letzten Wochenendeinkauf? Bleiben wieder einmal Dinge liegen, die Ihnen wichtig wären, für die Ihnen aber die Zeit fehlt? Haben Sie das Gefühl, Aufgaben erledigen zu müssen und nicht Herr Ihrer Zeit zu sein? Dann sind Sie nicht allein!
Aber was sind eigentlich die Gründe, die dazu führen, dass wir ständig mit Dingen beschäftigt sind, die wir eigentlich gar nicht tun wollen? Die Ursache ist trivial: Wir sind ängstlich und unsicher!
Es sind unbestimmte Ängste, die uns leiten:
- Angst vor Blamage: Was passiert, wenn Sie eine Aufgabe frühzeitig abschließen und dann jemand das Ergebnis in Zweifel zieht? Ihre Schwiegermutter kommt und brüskiert sich darüber, dass auf der Deckenlampe Staub liegt oder die Fenster nicht glänzen. Blamage.
- Angst vor Beziehungsstress: Sie haben keine Lust zu kochen, haben eigentlich keine Zeit, die Kids ständig von A nach B zu fahren, oder wollen eigentlich nicht immer hinter dem Partner herräumen? Wenn Sie es doch tun, dann weil es zu Beziehungsstress führt und wir uns daher lieber „konform“ verhalten als es auf eine Konfrontation ankommen zu lassen.
- Angst vor finanziellen Einbußen: Sie sitzen tagelang an der Steuer, um jeden Cent steuermindernd anzurechnen? Dabei verlieren Sie komplett den Überblick über die eingesetzte Zeit? Oder Sie laufen durch die halbe Stadt, um die Milch ein paar Cent billiger zu bekommen? Oft rechnen wir unseren Zeiteinsatz nicht gegen und sehen nur den (marginalen) finanziellen Vorteil, der uns entgehen könnte.
- Angst vor Statusverlust (samt Jobverlust): Wenn Sie die Aufgabe nicht zur Zufriedenheit Ihres Chefs erfüllen, dann sinken Sie eventuell in seiner Gunst. Und im schlimmsten Fall könnten Sie Ihren Job verlieren. Also machen Sie lieber Überstunden. Ja, noch perfider: Selbst, wenn Sie nur beschäftigt tun, ist das besser, als etwas vor der Deadline abzugeben – jemand könnte sonst auf die Idee kommen, Sie hätten sich nicht bemüht.
- Angst vor Zurückweisung und Isolation: Keine Lust darauf, für das nächste Vereinsfest einen Kuchen zu backen? Sie tun es trotzdem, denn sonst würden Sie schief angesehen. Und noch schlimmer: Vielleicht fragt man Sie beim nächsten Mal gar nicht mehr, weil man Sie „ausgesondert“ hat.
Die Liste lässt sich beliebig ergänzen. Aber im Grunde ist es immer wieder der gleiche Grund, der hinter all diesen Ängsten steckt:
Wir sind soziale Wesen und vertrauen oft nicht auf unser eigenes Urteilsvermögen, sondern suchen die Bestätigung und den Rückhalt in der Gruppe.
Die modernen Gruppen sind die Kollegen und der Chef im Job, die Familie, der Freundeskreis, die Bekannten in irgendwelchen Vereinen oder Organisationen, in denen wir Mitglied sind. In jeder Gruppe und bei jeder Aufgabe suchen wir den Konsens, die Akzeptanz und Bestätigung durch die Gruppe.
Aber warum ist uns die Anerkennung durch Dritte so wichtig, dass wir darüber die eigenen Interessen vernachlässigen? Die Ursache liegt mal wieder in der Vergangenheit: Schon in der Urzeit war der Stamm der wichtigste Schutz für Leib und Leben. Als Einzelkämpfer hatte man kaum eine Überlebenschance. Später waren es die Großfamilie und der Arbeitgeber, die diesen Schutz boten. Verbannung und verstoßen zu werden sind die härtesten Strafen, die eine Gruppe (neben der Todesstrafe) aussprechen konnte.
Daher messen wir uns noch immer an den Maßstäben Dritter. Wir haben Angst, nicht den Ansprüchen zu genügen, nicht gut genug zu sein oder etwas falsch zu machen.
Das Absurde ist, dass wir heute viel mehr Entfaltungsmöglichkeiten haben als früher, dass die Risiken, die uns drohen, längst nicht mehr lebensgefährlich sind und dass unsere kleine, private Welt so komplex und individuell ist, dass wir selbst sie am besten beurteilen können. Selbst einen Jobverlust könnten wir verkraften, Partnerschaften gehen ständig aus den unterschiedlichsten Gründen in die Brüche und die Großfamilie hat ihren Stellenwert längst verloren. Doch statt die Freiheit und Eigenverantwortung anzunehmen, suchen wir weiter nach der Anerkennung und dem Schutz der Gruppe. Und da wir keinen Stamm mehr haben, keinen Clan mit einem Clan-Führer, sehen wir uns als ein Part einer globalisierten Welt und suchen die Anerkennung und den Rat jetzt sogar weltweit: Facebook und WhatsApp lassen grüßen.
Achten Sie in den kommenden Tagen mal darauf, wann und was Sie tun, um irgendeine Form der Akzeptanz aufrecht zu erhalten.