Ich habe noch einige Mails zu bearbeiten, die sich während meines Urlaubs angesammelt haben. Eine davon stammt von Monika, die gerne von mir wissen möchte, wie man feststellen kann, ob ein Kauf sinnvoll oder unsinnig ist. Konkret möchte sie wissen:
[…] Wie entscheidest du das? Hast du irgendwelche Regeln, die dir sagen, wofür du Geld ausgeben darfst und wofür nicht? […]
Zunächst: Dürfen darf ich alles (und auch mein Mann darf sich seine Spielzeuge kaufen, wenn er möchte). Ich habe nur festgestellt, dass ich früher eine Menge Kram gekauft haben, bei dem ich den Kauf später im Grunde bereut habe. Hätte ich mich da erneut entscheiden können, hätte ich ihn rückgängig gemacht. Und das waren nur die Dinge, bei denen mir auffiel, dass die Sachen nicht das erfüllten, was ich gehofft hatte. Bei vielen anderen Käufen habe ich die Sachen einfach in den Schrank geräumt und so lange verdrängt, bis sie mir wieder in die Hände fielen.
Heute gehe ich anders an die Dinge ran. Und ich habe hier im Blog ja schon oft erwähnt, dass ich gute Erfahrungen damit gemacht habe, Kaufimpulsen nicht sofort nachzugeben, sondern darüber einige Nächte zu schlafen. Und um mich davor zu bewahren, doch impulsiv zuzugreifen, habe ich mir angewöhnt, nur mit Einkaufsliste loszuziehen und mich auch ziemlich strikt daran zu halten. Zwar kann es mal sein, dass die Leberwurst nicht da ist und ich stattdessen Teewurst mitnehme, aber es passiert nicht mehr, dass ich gefrustet vom Job durch die Stadt laufe und zu Hause feststelle, dass mir jetzt sieben Oberteile mehr gehören als noch vor drei Stunden – und ich die gar nicht gekauft habe, weil ich sie benötige, sondern weil ich mich trösten oder belohnen wollte.
Aber eine vielleicht noch wichtigere Regel, die ich allerdings selten ausformuliert habe, ist:
Ich gebe mein Geld dafür aus, womit ich meine Zeit verbringe.
Damit will ich sagen, dass ich kein Problem damit habe, z.B. für ein iPad vergleichsweise viel Geld auszugeben, das ich jeden Abend zum Surfen, Schreiben, Lesen und mehr nutze. Oder für eine neue Matratze, auf der ich jede Nacht sechs bis acht Stunden liege. Aber ich kaufe mir keine Glitzerbluse mehr, die ich zur Cocktailparty oder im Urlaub anziehen könnte – weil ich in Wirklichkeit weiß, dass diese Gelegenheiten extrem selten sind. Und wenn so eine Gelegenheit dann mal kam, habe ich doch wieder zu den Klamotten gegriffen, in denen ich mich sicher und wohl gefühlt habe … und die diversen Party-Dresse blieben trotzdem im Schrank.
Mittlerweile bin ich ganz gut darin, das Verhältnis von Kosten, Nutzen und Nutzungszeit einzuschätzen. Ich habe früher viel Geld für (potenzielle) Hobbys ausgegeben, hatte aber nie die Zeit und die Gelegenheit, den Hobbys wirklich nachzugehen. (Und in Wirklichkeit auch oft nicht mal eine ernsthafte Absicht, das zu tun, wenn ich zum Beispiel an das Geld für Sportklamotten und Fitnessgeräte denke, das ich ausgegeben habe: Irgendwie war da die Hoffnung, ich würde schon dadurch sportlicher, dass ich die Sachen ja nutzen könnte.)
Und noch ein anderes Beispiel: Früher habe ich stapelweise Bücher und Zeitschriften gekauft, auch wenn ich eigentlich genau wusste, dass ich kaum reinschauen würde. Aber ich wollte sie besitzen, um die Möglichkeit zu haben, die Inhalte irgendwann zu lesen. Es war ein (teilweise auch schmerzhafter) Prozess, bis ich mir klar darüber geworden bin, dass ich Geld für nichts ausgebe. Heute erfreue ich mich an Flatrates für Musik, E-Books und digitale Zeitschriften. Zwar gehören mir die Inhalte nicht, aber wenn sie weg sind, sind sie weg. Dafür muss ich mich nicht im Zeitschriftenladen entscheiden für eine und damit gegen tausend andere Zeitschriften: Ich habe die große Auswahl. Und wenn ich das Gefühl habe, ich verbringe so wenig Zeit mit dem Angebot oder ziehe daraus so wenig Nutzen, dass sich die monatliche Gebühr nicht mehr rechnet, dann kündige ich das Abo eben.
Es fällt mir auch immer häufiger auf, wenn Bekannte diese Regel für sich nicht nutzen: Ein Arbeitskollege meines Mannes hat ein neues Haus gebaut. Samt einer tollen Küche im Landhausstil, die (wie er stolz berichtet) alleine ein Vermögen gekostet hat. Nur stellt er sich gar nicht an den Herd und seine Frau gibt auch freimütig zu, dass sie mit Kochen nicht viel am Hut hat. Darauf angesprochen meinte er, die Küche würde ja den Wert des Hauses steigern und sie hätten dann ja prinzipiell die Möglichkeit, sie zu nutzen. Na ja. Zumindest kann er sie allen zeigen. Und neulich klagte mir eine Nachbarin ihr Leid: Ihr Mann hat im Frühjahr einen riesigen Weber-Grill gekauft. Da können dann auch die Kinder und die Enkel zum Grillen kommen. Jetzt wird es Herbst und sie haben den Grill dreimal genutzt. Einmal mit Familie, zweimal alleine. „Und das Teil ist für uns alleine viel zu groß,“ meinte sie noch.
Zwei Beispiele, wo meine Regel verletzt gewesen wäre. Und ich mit dem Geld lieber etwas gemacht hätte, das mir persönlich mehr „Quality Time“ gegeben hätte.
Vielleicht ist genau das mein Prinzip: auf das verzichten, das mir nicht mehr Lebensqualität bringt.