In den letzten Monaten habe ich mich viel mit Themen wie Produktivität, Stress und Stressvermeidung beschäftigt und dabei auch Petra, Karla, Moni und Vera mit dem Thema angesteckt (mehr dazu demnächst). Ein Aspekt war dabei, dass Karla nach Jahren wieder zu malen begonnen hat, weil sie durch die Dinge-Diät wieder mehr Zeit für Hobbys hat. Ich bewundere ihr Talent, habe aber wie die anderen behauptet, dass ich das nie könnte.
Zwar hat Karla uns ein paar Links auf Bob-Ross-Videos bei YouTube geschickt, in denen das alles ganz einfach aussieht, aber trotzdem würde ich mich nicht mit Staffelei und Ölfarben in die Wohnung stellen und „den Teufel aus dem Pinsel herausschlagen“.
Vor gut zwei Wochen hat Karla uns dann allen jeweils eines dieser Malbücher für Erwachsene mitgebracht, die jetzt in allen Buchhandlungen rumliegen. Dazu ein Set gute Buntstifte. Ich habe mich artig bedankt, in einem unbeobachteten Moment die Augen verdreht … und die Sachen erst mal beiseite gelegt. Ein Malbuch für mich. Oje. Aber dann habe ich die Korrekturfassung von „Dinge-Diät kompakt“ bekommen und da steht im Baustein 5, dass man nichts in die Wohnung lassen soll, das da nicht gebraucht wird.
Ich musste also konsequenterweise Karlas Geschenk entweder wieder loswerden … oder es zumindest mal ausprobieren. Wenn ich es aber ausprobieren würde, wäre es „verbrannt“ und ich könnte es nicht einfach weiterverschenken. Aber Malbücher für Erwachsene? Ehrlich? Karla, ich mag dich wirklich, aber du weißt, wie es um meine künstlerische Ader bestellt ist!
Letztlich war es dann mein Göttergatte, der meinte, wenn ich es nicht ausmalen wolle, würde er es mal versuchen. Mein Mann im verwunschenen Wald. Haha, soll er nur. Er wird sich das Teil maximal drei Minuten anschauen und dann zur Fernbedienung greifen!
Was soll ich sagen? Weit gefehlt! Er hat tatsächlich angefangen, eine der Vorlagen auszumalen. –––Und kurze Zeit später habe ich ihm über die Schulter geschaut. Keine fünf Minuten später habe ich gemeckert, dass er doch die Farbe nicht für das Detail nehmen kann. Und als ich am nächsten Tag ein wenig Luft hatte, habe ich selbst das Buch und die Stifte genommen und mir ein anderes Motiv ausgesucht. Autsch. Zunächst kam ich mir ein wenig fehl am Platz vor, fand es irgendwie kindisch. Aber dann hat es mich gepackt: Ich habe einen richtigen Eifer entwickelt, diese doch nicht ganz so blöde Vorlage nach meinen eigenen Ideen zu gestalten und auszumalen.
Von Bob Ross und Ölmalerei bin ich noch meilenweit entfernt, aber mittlerweile gibt es zwei Ausmalbücher in unserem Haushalt. Und ich versuche, jeden Tag eine Viertel- oder eine halbe Stunde für das Ausmalen zu reservieren. Oft abends, vor dem Ins-Bett-Gehen. Mittlerweile finde ich das Ganze nicht mehr blöd und kindisch, sondern meditativ und entspannend. Man schaltet für die Zeit einfach einen Gang runter und irgendwie ist eher die kreativ-künstlerische Seite gefragt. Die logisch-rationale, die versucht, den ganzen Tag über alles zu koordinieren, kann dann mal auf Sparflamme schalten, aber trotzdem schaltet man nicht ganz ab. Und ohne das wissenschaftlich belegen zu können, habe ich das Gefühl, dass ich schneller einschlafe und besser schlafe. Vielleicht verliert sich ja der Geist ein wenig in den verwunschenen Gärten und geheimnisvollen Wäldern?
Mittlerweile habe ich bei Karla Abbitte geleistet und muss gestehen, dass Malbücher für Erwachsene gar keine so blöde Erfindung sind. Es braucht ein wenig Überwindung und man muss sich die Zeit nehmen. Gute Farbstifte sind auch wichtig. Und es gibt unter den hunderten von Ausmalbüchern zweifellos bessere und interessantere, aber auch ziemlich lieblos und phantasielos zusammengeschusterte Massenware.
Doch meine Vorurteile sind kuriert: Wenn Sie ein wenig entspannen und sich auf einfache Weise kreativ betätigen wollen, dann kann ich gute Ausmalbücher für Erwachsene nur empfehlen. Irgendwie passt es ja auch zur Dinge-Diät, etwas zu haben, das man erst selbst in der eigenen Freizeit zu einem ganz einzigartigen Unikat macht, statt sich immer nur aus der Konserve berieseln zu lassen. (Und wenn Sie auch eher zögern: Probieren Sie es aus. Ein großer Vorteil gegenüber der Staffelei ist, dass man das Buch jederzeit zusammenklappen und weglegen kann. Und da die Motive vorgegeben sind, gibt es auch keine Angst vor dem leeren Blatt Papier.)
Sicher werden diese Ausmalbücher in diesem Jahr auch unter vielen Weihnachtsbäumen landen. Aber ehrlich gesagt finde ich das gar nicht so schlecht. Besser jedenfalls als die üblichen Notgeschenke, mit denen weder der Schenkende noch der Beschenkte etwas verbindet.