Vielleicht ist einigen Stammlesern aufgefallen, dass ich in den letzten Wochen neue Blogartikel vor allem in der zweiten Wochenhälfte veröffentlicht habe. Das hat mit einem kleinen Experiment zu tun, über dessen Verlauf (und meine Erkenntnisse daraus) ich jetzt berichten kann.
Worum geht es?
Ich habe mir die Herausforderung gesetzt, mindestens einen (aber besser zwei) Tage pro Woche keine Zeit vor dem Bildschirm („Screen Time“) zu verbringen. Als Bildschirm zählen für mich dabei Computer, Notebook, Tablet, aber auch Fernsehen … und Smartphone.
Schien ganz einfach und logisch, oder? Was meinst du:
Wie lange würdest du ohne Bildschirm durchhalten? Eine Stunde? Einen Tag? Eine ganze Woche? Gar einen ganzen Monat? Und ist das eigentlich sinnvoll?
Warum das Ganze?
Die Frage nach dem Sinn war mir wichtig. Ich hatte einige Artikel von Leuten gelesen, die einen ganzen Monat oder gar ein ganzes Jahr „offline“ gegangen sind. Immer wieder lese ich von Menschen, die ganz bewusst auf Fernsehen, Facebook, WhatsApp, ja, sogar E-Mail und Internet verzichten. Und dann heißt es in der Rückschau oft, dass sie an Lebensqualität gewonnen haben, das Leben weniger hektisch geworden ist, sie produktiver geworden sind … oder auch, dass sie gar nichts vermissen und man nichts verpasst, wenn man gezielt „abschaltet“.
Also wollte ich es mal ausprobieren: Stimmt das? Würde ich das auch so erleben? Oder ist das eine Schnapsidee für Leute, die mitten im Leben stehen und keine klassischen Aussteiger sind?
Theorie und Praxis
Klar war schon im Vorfeld, dass ich im Alltag nicht einfach einen Monat komplett auf Bildschirmzeit verzichten könnte: Da ich im Job vor dem Rechner sitze, konnte ich meine kleine Challenge nur an den Tagen machen, an denen ich nicht arbeiten gehe, oder sie gleich ganz auf den Urlaub verlegen (was ich aber unredlich gefunden hätte). Und ich wollte auch gar nicht komplett „abschalten“, sondern nur für einzelne Tage offline gehen. Ich dachte, dass es dadurch eher leichter werden würde, schließlich war ich nur 24 oder 48 Stunden „offline“. Vor allem aber war ich gespannt, ob ich dann diese Tage als Ruhepole, als Produktivitätsbooster oder vielleicht auch als absolute Frusttage erleben würde.
Also habe ich die Challenge für mich adaptiert: Ich wollte ein oder zwei Tage in der Woche versuchen, ohne „Screentime“ auszukommen. Keine Bildschirmarbeit, vor allem aber kein zeitfressendes Rumsurfen, WhatsAppen und E-Mails checken. Schien einfach genug.
Der erste Tag
Gleich zu Beginn habe ich festgestellt, wie naiv ich eigentlich an die Challenge herangegangen bin und wie oft ich unbewusst zum Handy greife oder auf dem Tablet rumsurfe. Ohne Fernsehen auszukommen war hingegen nicht schwer: Das läuft bei uns eh nicht regelmäßig.
Aber ohne Smartphone-Nutzung? Das Gerät einfach wegzusperren war keine Option, da ich erreichbar sein muss – schon für mein Mutter, aber auch wegen des Jobs. Ich hatte mir vorgestellt, dass ich darauf verzichten wollte, das Telefon selbst aktiv für die Online-Nutzung zu verwenden, aber prinzipiell erreichbar blieb.
Das erwies sich jedoch schnell als undurchdacht, denn wenn das Ding schon griffbereit rumliegt, dann checke ich automatisch auch mal zwischendurch Mails, Social Media und irgendwelche News-Seiten im Internet. Wer tut das nicht? Und ich stellte ziemlich schnell fest, dass ich nicht „mal“ zum Handy greifen wollte, sondern eigentlich ständig.
Asche auf mein Haupt: Am ersten Tag habe ich total motiviert begonnen … um in kürzester Zeit zu scheitern. Aber der Reihe nach…
Morgenroutine
Aufstehen, fertig machen, anziehen, Frühstück zubereiten: Das war einfach, da ich das ja auch sonst machte, ohne einen Bildschirm zu nutzen.
Dann Frühstück: Da checke ich normalerweise mal meine Mails und Nachrichten. Und meist lese ich dann auch mal ein paar Schlagzeilen, was alles so in der Welt passiert ist in der letzten Nacht. Manchmal informiere ich mich dann auch über das Wetter und die Verkehrslage, aber an dem Tag wollte ich eh zuhause bleiben und meine neue Bildschirm-Diät austesten.
So hatte ich beim Frühstück schon die ersten Aha-Momente, aber man kann ja stattdessen irgendwas anderes lesen, das gerade zur Hand ist. Die Inhaltsstoffliste auf dem Glas der Nussnugatcreme beispielsweise. Spannend! (Nein, natürlich nicht. Zumindest nicht mehr am zweiten Tag.)
Gut, das Frühstück habe ich überstanden. Tisch abräumen, abwaschen, nicht an Handy und Computer denken. Easy peasy.
Und dann? Upss…
Ich hatte nicht wirklich geplant, was ich machen wollte. Das Wetter war extrem ungemütlich, aber ich wollte ja eh zuhause bleiben. Also habe ich im Wohnzimmer ein wenig aufgeräumt, dann fiel mir irgendein Prospekt oder eine Zeitschrift in die Hände und ich habe mich darin vertieft … und mich nicht mal 45 Minuten nach dem Frühstück dabei ertappt, wie ich auf eine WhatsApp-Nachricht geantwortet habe. Dass ich damit komplett gegen meine Challenge-Regeln verstoßen hatte, ging mir erst auf, als es schon geschehen war. Arghh, die Macht der Routine!
Aber ich wollte mich nicht geschlagen geben. Also Handy vor mir selbst so versteckt, dass ich es nicht „unbewusst“ in die Hand nehmen konnte, aber trotzdem in Reichweite hatte. Und mit mir selbst gekämpft – faszinierend, was einem dabei so durch den Kopf schießt.
Die nächsten Stunden waren ein ständiger Zwiespalt mit mir selbst. Ich habe mich gefragt, warum ich mir das eigentlich antue. Gewinne ich dadurch was? An dem Tag jedenfalls nicht: Den Rest des Tages habe ich nämlich eigentlich nur damit zugebracht, mich selbst zu kontrollieren und mich wie ein Kleinkind gezielt mit Beschäftigung abzulenken.
Zu viel gewollt?
Ich habe das Experiment dann erst mal wieder beendet. Ich hatte gedacht, dass ich produktiver sein würde, wenn ich mich von Bildschirmen fernhalte, aber an diesem Tag war ich unproduktiver, unruhiger und mit der Zeit immer schlechter gelaunt, was mir am Abend auch mein Mann bestätigte.
Beim Einschlafen quälte mich die Befürchtung, ich könne internetsüchtig sein. Sollte das alles gewesen sein? Challenge gescheitert? Ich entschied, es noch einmal zu versuchen, aber nicht am nächsten Tag, da wollte ich erst mal darauf achten, wie, wann und warum ich eigentlich zum Handy, Tablet oder Notebook griff.
Wie es weiterging, berichte ich nächste Woche an dieser Stelle.