Im ersten Teil habe ich ja berichtet, dass ich ein bis zwei Tage pro Woche „Bildschirmabstinenz“ halten wollte. Und dann beim ersten Versuch weitgehend gescheitert bin. Ich hatte die Herausforderung unterschätzt und mir auch zu wenig klar gemacht, was ich wie und warum erreichen wollte.
Ich habe daher erst einmal eine Aufstellung gemacht, worauf ich unter meiner Bildschirm-Diät verzichten wollte und warum. Im Grunde kam dabei heraus, dass es mir vor allem darum ging, mich weniger oft abzulenken oder ablenken zu lassen, indem ich „online“ gehe. Und dass ich lernen musste, dem Impuls nachzugeben, „mal schnell“ Mails zu checken, die neuesten Nachrichten zu lesen oder auf WhatsApp zu reagieren.
Zweiter Versuch
Eine Woche später habe ich es dann erneut versucht. Diesmal war ich besser vorbereitet (oder genauer: fühlte ich mich besser vorbereitet). Ich wollte ein Buch lesen, quasi um mich abzulenken, und hatte mir auch ein paar andere Beschäftigungen überlegt. Trotzdem fühlte ich mich nach kurzer Zeit wie auf Entzug:
- Ich konnte mich auf das Buch nicht konzentrieren.
- Ein paar Mal dachte ich, mein Handy hätte vibriert oder ich hätte einen Benachrichtigungston gehört. (Ich hatte aber alles auf „nicht stören“ gestellt – vorsichtshalber.) War das so was wie Phantomschmerz?
- Und irgendwann fiel mir die Decke auf den Kopf.
Am Nachmittag habe ich es dann zuhause nicht mehr ausgehalten und bin spontan rausgegangen … ohne Handy oder Computer. Dabei fiel mir auf, dass es gar nicht so einfach ist, in der Stadt Bildschirmen und Monitoren zu entgehen. Auch wenn ich dank meiner vorherigen Überlegungen die Fahrplan-Anzeigen, Werbemonitore und Infoscreens mit Nachrichtentickern nicht ganz so kritisch sah, blieb zumindest bei den Nachrichten doch ein schaler Beigeschmack: War das eine Form von Betrug? Der eigentliche Betrug aber war, dass ich überhaupt rausgegangen war … ich hatte mir nämlich eigentlich ausgemalt, die Tage zuhause zu verbringen! Und so hatte ich wieder keinen echten Produktivitätsgewinn, eigentlich hatte ich sogar Zeit verplempert. Grummel … nichts mit „Superstar Inge“ 🙁
Der erste kleine Erfolg
Am nächsten Tag habe ich mich überwunden und einen weiteren Tag drangehängt. Da lief es schon wesentlich besser, weil ich jetzt wusste, was mich erwarten würde. Ich hatte mir diesmal Aufgaben vorgenommen, die mich auch körperlich beanspruchten und Zeit in Anspruch nahmen. An dem Tag habe ich alle Zimmer gesaugt und Fenster geputzt (mitten im Januar … das mache ich so eigentlich nicht, aber zumindest war es nicht unter Null).
Auch wenn ich mich am Abend kaum noch beherrschen konnte, habe ich keine Mails abgerufen und auch sonst durchgehalten. Allerdings nur durch die aufopfernde Unterstützung durch meinen Mann, der mir, als er nach Hause kam, zunächst erzählen durfte musste, was ich alles Weltbewegenes verpasst hatte (nichts), und dann dazu verdonnert wurde, mit mir Brettspiele zu spielen.
Das war der erste Tag in der Challenge, bei dem ich wirklich stolz auf meine Leistung war: Ich hatte viel geschafft (auch wenn die Aufgaben ein wenig sehr selektiv waren und ich versucht hatte, meinen Mann als Bildschirmersatz zu nutzen). Und meine Challenge hätte ich vom Aufstehen bis zum Schlafengehen durchgehalten. Besser geschlafen habe ich in der Nacht jedoch nicht … im Gegenteil: Ich lag im Bett und fragte mich, ob ich nicht doch noch meine Mails und Nachrichten checken sollte. Ich bin aber stolz darauf, dass ich wirklich bis zum Frühstück am nächsten Morgen gewartet habe.
Zwischenfazit
Tatsächlich musste ich mir am nächsten Tag eingestehen, dass ich wirklich nichts Wichtiges versäumt hatte. Im Gegenteil: Viele der Nachrichten, die auf mich warteten, kamen mir banal und bedeutungslos vor. Manche Nachricht, auf die ich sonst spontan reagiert hätte, hatte sich gar von selbst erledigt. Das machte mir Mut und nahm mir ein wenig das Unbehagen, etwas Wichtiges zu verpassen, das noch immer mitschwang.
Ich musste mir aber auch eingestehen, dass ich nächste Woche nicht wieder würde Fenster putzen und die ganze Wohnung saugen konnte. So langsam wurde mir klar, dass ich meine Tage nicht unter der Prämisse planen durfte, etwas auf Teufel komm raus zu vermeiden, sondern mit dem Vorhaben, bestimmte Aufgaben schneller, besser oder konzentrierter erledigen zu können.
Wie es dann weiterging und weitere Erfahrungen aus meiner kleinen Challenge dann im nächsten Teil. Und ihr werdet nicht glauben, was da passierte … 😉