Für alle, die mal erleben wollen, wie es sich ganz anders wohnt und lebt, habe ich einen Tipp: Wohnungstausch auf Zeit. Ich habe das gerade (ungeplant) hinter mir und es hat mir ganz neue Erkenntnisse gebracht für meinen Alltag, meine Dinge- und meine Task-Diät.
Aber der Reihe nach: Als wir aus dem Urlaub zurückkamen, erhielt ich einen Hilferuf von Moni. Ihre Mutter, die am anderen Ende von Deutschland lebt, hatte einen Unfall und Moni wollte verständlicherweise rasch zu ihr, um sie zu unterstützen. Kleines Problem dabei: Moni hat sich kürzlich einen Welpen aus dem Tierheim geholt. Und der konnte nicht mit. Daher bat sie mich, ob ich mich um ihn kümmern könne, denn sie lebt derzeit alleine in ihrer Wohnung und wusste, dass ich noch einige Tage Urlaub hatte.
Als sie ihn zu uns brachte, stellte sich aber ziemlich schnell heraus, dass das auch keine Lösung war. Niemand weiß, was das Hündchen in seinem Leben schon alles erleben musste, aber jedenfalls war der Kleine bei uns total in Panik. Erst in Monis Wohnung beruhigte er sich wieder. Was also tun? Ich schlug (mehr scherzhaft) vor, wenn der Hund nicht zu uns ziehen wolle, müssten wir eben zu ihm ziehen. Und letztlich ist es dann tatsächlich darauf hinausgelaufen: Zunächst bin ich noch hin und her gependelt, aber da Monis Wohnung nicht gerade um die Ecke ist, war das ziemlich zeitaufwändig. Moni meinte, ich könne ruhig bei ihr übernachten, während sie unterwegs sei, zumindest für die ersten Tage.
Also habe ich die nötigsten Sachen zusammengepackt (außer meinem persönlichen Kram war ja eh alles vorhanden), habe meinem Mann einen Abschiedskuss gegeben und bin „für zwei, drei Tage“ in Monis Wohnung gezogen. Und aus den paar Tagen sind dann eineinhalb Wochen geworden. Eineinhalb Wochen, die ich nicht missen möchte.
Denn so sehr es dem kleinen Wirbelwind schwerfiel, sich bei uns zurechtzufinden, so sehr wurde mein Alltag in Monis Wohnung auf den Kopf gestellt. Mit meinem haarigen Mitbewohner habe ich mich schnell zusammengerauft, aber ich musste mich komplett neu in der fremden Wohnung orientieren.
Diese Neuorientierung sorgte für manche Überraschung: Mein iPad war plötzlich „offline“, weil ich Monis WLAN-Passwort nicht kannte. (Und sie aus der Ferne am Telefon auch nicht.) Am ersten Morgen torkelte ich schlaftrunken in die Küche, nur um festzustellen, dass bei Moni keine „Tasse-drunter-Knopf-drücken-und-schon-ist-der-Kaffee-da“-Maschine steht. Und dass es keinen Toaster und kein Toastbrot gibt, dafür aber Knäckebrot mit einem MHD Mitte 2018!
Alles, was ich normalerweise ohne nachzudenken erledige, forderte mir plötzlich Denkleistung, Planung und Flexibilität ab. Zudem musste ich mich auch noch um meinen Mitbewohner kümmern. Und Monis Wohnung umgestalten oder in Unordnung bringen kam natürlich auch nicht in Frage. Klar hätte ich mir Sachen von zuhause holen können, aber für zwei oder drei Tage? Und mal ehrlich: Auch wenn ich vieles vermisste, was mir bei uns ganz selbstverständlich zur Verfügung steht, brauchte ich davon doch das wenigste unbedingt.
Aber als absehbar war, dass aus drei Tagen wohl doch eine Woche werden würde, sah das schon ein wenig anders aus und ich habe mir zumindest ein paar weitere Sachen von zuhause geholt. Und nach dem Router gesucht (wer stellt so was eigentlich hinten oben auf den Kleiderschrank, so dass man das Ding nicht sieht? Zumindest standen auf der Unterseite dann die Zugangsdaten.).
Letztlich waren es 10 Tage, die ich mich in fremder Umgebung zurechtfinden musste und niemanden fragen konnte. Vorher, im Urlaub, waren uns durch das Hotel und die Restaurantbesuche viele Handgriffe abgenommen worden und überhaupt soll Urlaub ja „anders“ sein. Doch das hier war Alltag. Oder sollte dem zumindest möglichst nahe kommen. Aber meine ganzen kleinen Routinen funktionierten nicht mehr: Wohin mit dem Müll? Soll ich jetzt wirklich Monis Schinkenreste essen? Ist aber eine ganz andere Sorte, als ich es gewohnt bin. Wie komme ich jetzt eigentlich am schnellsten zu einem Supermarkt, um noch ein paar Vorräte einzukaufen?
Was am Anfang ein wenig nervig war („Warum habe ich mich nur wieder darauf eingelassen?“), zumal ich mich ja auch noch um einen irritierten und verängstigten Mitbewohner kümmern musste, von dessen Wünschen und Erwartungen ich keine Ahnung hatte, wurde ein sehr spannendes Erlebnis und Experiment, das mir viele neue Impulse für meine weitere Dinge- und Task-Diät gegeben und mir viel über meine eigenen Gewohnheiten, aber auch die vermutlichen Gewohnheiten von Moni verraten hat.
Es ist spannend und lehrreich zugleich, mal für einige Zeit in die Schuhe und das Leben eines anderen zu schlüpfen. So habe ich auch einige Anregungen für uns entdeckt … beispielsweise werde ich unseren Router jetzt auch mehr verstecken. Aber ich weiß jetzt auch, dass ich keine Hundehaare in der Wohnung und im Bett mag.
Und jetzt geht es nach dem Urlaub wieder zur Arbeit. Ich hoffe, ich kann mir diesen frischen Blick ein wenig bewahren und auch den Job mit neuen Augen sehen, statt gleich wieder in die gewohnten Verhaltensmuster zu fallen.