Diese Woche waren ja Präsidentschaftswahlen in den USA. Wir kennen jetzt alle das Ergebnis und dazu will ich auch gar nicht viel sagen. Aber in der Zeit davor waren auch die Medien hier voll mit der Berichterstattung zum Kampf zwischen Herrn Flodder Trump und Frau Kennedy Clinton. Und auch die Siegerin stand schon fest, denn Frauenbonus auf der einen und Rüpel auf der anderen Seite und so.
Na ja, wir wissen alle, dass es anders gekommen ist. Die Medien lagen daneben. Die Facebook- und Twitter-Streams, die voll waren von Artikeln mit der Ausrichtung, die wir gerne hören und lesen wollten, und solchen, die sich trefflich zum Aufregen eigneten, waren nur Zeitfresser ohne Wert. Es hat sich gezeigt, dass all die Reporter, Kommentatoren und Berichterstatter genauso wenig Ahnung hatten wie wir selbst.
Qualitätsjournalismus sieht anders aus
Trotzdem haben sie Zeitungen und Zeitschriften mit Artikeln gefüllt, Millionen von Online-Seitenaufrufen produziert, stundenlange Reportagen im Fernsehen produziert, die wir uns bereitwillig angetan haben. Und noch mit Kollegen und Freunden diskutiert. ZEITFRESSER.
Schlimmer noch: ZEITFRESSER OHNE WERT!
Und es ist nicht so, dass sich jemand entschuldigen würde: „Ja, wir haben das mit dem Brexit verpennt. Und mit der AfD wissen wir auch nicht so recht. Und jetzt Amerika … Sorry, wir haben es verpeilt und geloben Besserung.“ Nööö, im Gegenteil: Jetzt sind die gleichen Journalisten, Reporter und Meinungsbildner dabei, uns zu erklären, warum Amerika so gewählt hat, wie es gewählt hat.
Meine Zeit gehört mir
Ehrlich: Ich würde gerne mal wissen, wie viel Zeit weltweit ohne Wert verstrichen ist, weil wir all diese Artikel gelesen, weitergeleitet, kommentiert und diskutiert haben, obwohl dahinter nur heiße Luft stand. Kein Wissen, keine Erkenntnis, kein Mehrwert. Nur: „Ich sollte noch ein paar Zeilen schreiben, ein paar Minuten Sendezeit füllen, ein paar Klicks generieren. Was mache ich denn heute zum Thema, das die Leute hören wollen, auch wenn ich davon keine Ahnung habe?“
Ja, ich habe darauf keine Lust mehr. Ich habe beschlossen (noch) weniger im Internet auf den Newsseiten zu lesen, noch weniger fernzusehen und weniger Massenmedien zu konsumieren. Die Welt ändert sich eh nicht durch diese Berichterstattung, nur meine Zeit geht drauf und ich habe das Gefühl, dass ich manipuliert statt informiert werde.
Ich bin aber nicht nur verärgert über die Medienoutlets, die uns im Grunde nur „bespaßen“ statt Qualitätsjournalismus zu liefern, sondern auch über die Nutzer, über uns, über mich. Ich habe das nämlich mit mir machen lassen und wertvolle Lebenszeit vergeudet, mit der ich hätte Besseres anstellen können. Soll nicht heißen, dass ich generell vom Internet oder von Medienkonsum abrate, aber bewussteres Konsumieren ist sicher auch hier sinnvoll.
Manipuliert statt informiert
Denn ich habe mich auch noch in die Filterblase begeben, die Echokammern wie Facebook oder Twitter … und sogar Google, die einem per Algorithmus immer wieder neue Artikel und Inhalte zu den Themen und Meinungen präsentieren, die das eigene Stimmungsbild bestätigen. Ich dachte mal, das Internet sei dazu da, sich ein möglichst unabhängiges Bild von der Welt machen zu können. Aber ich sehe immer mehr, dass mir einfach die Teile der Welt ausgeblendet werden, die ich nicht kenne oder mit denen ich eventuell nicht übereinstimmen könnte. Statt offener und informierter zu werden, verkapseln wir uns in kleinen Gruppen, die ihr Weltbild vertreten und bestätigt sehen … ohne zu merken, dass es da draußen offenbar eine halbe Menschheit gibt, die ganz andere Vorstellungen, Werte und Probleme hat. Und Austausch unter diesen Gruppen wird immer schwieriger.
Medienkonsum-Verzicht ist da einfach Teil meiner Task-Diät. Mehr Zeit für mich. Die Welt dreht sich so oder so weiter.
Genug gemeckert. Ich kann nur jedem raten, öfter mal abzuschalten und sich, wo möglich, ein eigenes Bild zu machen. Aber zumindest nicht kostbare Lebenszeit zu vergeuden mit Berichterstattung zu aktuellen Themen, die sich dann doch nur als vollkommen aus der Luft gegriffenes Fantasieprodukt herausstellt.