Ich bin schon mehrfach von euch gefragt worden, warum ich so leidenschaftlich für die Dinge-Diät, aber auch die Task-Diät plädiere. Soll nicht jeder so leben, wie er oder sie will?
Jeder kann das natürlich für sich selbst entscheiden, ich will da niemandem reinreden. Aber ich glaube, dass sich die Welt da draußen immer schneller verändert. Das können wir nicht verhindern, auch wenn wir es manchmal möchten. Dabei denke ich gar nicht nur an die großen politischen und sozialen Themen, sondern auch an all das, was im persönlichen Umfeld passiert:
- In diesen Tagen bekommt mein Arbeitgeber einen neuen Eigentümer. Keiner weiß genau, was das bedeutet, aber mein direkter Chef, mit dem ich jetzt seit sechs Jahren zusammenarbeite, hat uns gesagt, dass wohl mit ein paar Entlassungen zu rechnen ist. Und dass er nicht glaubt, dass er weiter die Abteilung leiten wird … er sieht sich schon nach etwas Neuem um.
- Von Karla habe ich in letzter Zeit wenig geschrieben. Auch, weil sie und ihr Mann derzeit getrennte Wege gehen und sie das natürlich mitnimmt. Wie es weiter geht? Niemand weiß es.
Wenn ich mich umschaue, sehe ich ganz viele Veränderungen – im Job, in der Stadt, in den Gesichtern der Menschen. Die Veränderungen kommen immer schneller, unerwarteter. Und man kann sich nicht dagegen wappnen.
Rückzugsorte und Freiräume gestalten
Vielleicht fragst du dich jetzt: „Ja, kenne ich auch. Aber was will sie mir sagen? Was hat das mit der Dinge-Diät zu tun?“
Für mich wird immer deutlicher, dass wir nur einen Ort wirklich beeinflussen und gestalten können, wie wir wollen: Das ist das eigene Zuhause. Und das es nur eine Priorität gibt, die wir selbst bestimmen können: Etwas für sich selbst zu tun.
Früher hätte mich die Nachricht vom Eigentümerwechsel meines Arbeitgebers komplett aus der Bahn geworfen. Ich hätte Panik geschoben, aber zuhause wäre mir die Decke auf den Kopf gefallen. Meine Wohnung war kein Rückzugsraum, der mir Kraft gab, sondern entzog mir ständig Energie. Heute ist das ganz anders. Und das verdanke ich der Dinge-Diät.
Ich kann mir meinen Arbeitsplatz nur in einem ganz beschränkten Rahmen aussuchen und ihn mitgestalten, egal, ob ich da nun vier, acht oder zwölf Stunden am Tag verbringe. Meine Wohnung ist mein wahrer Lebensmittelpunkt. Und die kann ich so gestalten, dass sie meinem Leben einen Ankerpunkt und ein Fundament gibt. Früher habe ich das nicht so gesehen und gerade dort vieles schleifen lassen … mit dem Resultat, dass nicht nur ich mich dort nicht wohl fühlte, sondern auch keinen Besuch einlud, keinen Platz für Hobbys oder fürs Entspannen hatte usw. Dafür war ich ständig genervt, wenn ich eine Schublade öffnete oder mal wieder irgendwas suchte und es vor lauter Kram nicht fand.
So weit die Dinge-Diät. Aber die ist nur der eine Part. Mit der Task-Diät kommt hinzu, dass ich mir auch Zeit für mich nehme und so konstant daran arbeite, mir Wünsche und Lebensziele zu erfüllen. Die eigene, bewusste Zeitplanung ist nämlich das Zweite, das häufig zu kurz kommt, das aber gerade in der immer hektischer und komplexer werdenden Welt enorm wichtig ist. Natürlich kann ich nicht 24 Stunden am Tag frei verplanen und nur meine eigenen Ziele verfolgen. Aber schon 30 Minuten „für mich“ sind 30 Minuten mehr, als ich mir noch vor ein paar Jahren zugestanden habe.
Vielleicht wird so verständlich, warum ich so leidenschaftlich für Dinge-Diät und Task-Diät trommle: Es geht ums Loslassen, um Prioritäten, aber auch um das Schaffen von Freiräumen und um so etwas wie einen Heimathafen.
Die Reduktion auf das Wesentliche hilft dabei, der zunehmenden Komplexität und Unberechenbarkeit der Welt da draußen etwas entgegen zu setzen. Die Neuigkeiten rund um meinen Job kann ich dank Dinge-Diät und Task-Diät gelassener aufnehmen: Ich definiere mich nicht (mehr) allein über den Job. Mir fällt zuhause nicht mehr die Decke auf den Kopf. Und ich habe eigene Ziele, weiß etwas mit mir anzufangen.
Bei Karla ist es natürlich noch etwas anderes. Aber auch sie hat sich ihren Rückzugsort geschaffen, verwirklicht ihre eigenen Interessen. Die beiden haben schon einmal eine Trennung auf Zeit durchgemacht. Und sie ist zuversichtlich, dass sie auch diese schwierige Phase überwinden und wieder zusammenfinden. Und auch da sieht sie die Vorteile unserer „Diäten“: Jeder hat seinen Bereich, seine Interessen und kann dem anderen auch mal aus dem Weg gehen.
Deshalb kann ich nur jedem empfehlen, sich mit der eigenen Dinge-Diät und Task-Diät zu beschäftigen. Denn das ist der wichtigste Gestaltungsraum, der uns bleibt.